Wahlen sind ja im Moment in aller Munde und so aktuell, dass ich mich heute auch mit diesem Thema befassen möchte. Ich möchte dabei auf einen besonders kuriosen Fall eingehen: das hessische Kommunalwahlrecht.
Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg am 20. Februar wurde deutlich, dass direkte Demokratie nicht immer von Vorteil sein muss. Das Kumulieren und Panaschieren erlaubt es dabei, eine bestimmte Anzahl von Stimmen auf verschiedene Kandidaten von potenziell verschiedenen Parteien zu verteilen (siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Panaschieren, http://de.wikipedia.org/wiki/Kumulieren). In Hamburg hatten die Bürger dafür fünf Stimmen, was zu 3,8% ungültigen Stimmzetteln führte (http://www.wahlen-hamburg.statistik-nord.de/ und die Auszählung drei Tage andauern ließ.
In Hessen wird das Ganze am kommenden Wochenende nun noch ein bisschen weiter gesponnen. So haben z.B. Bürger der Stadt Frankfurt für den Stadtrat 93 (!!!) Stimmen. Theoretisch können diese 93 Stimmen auf 93 von 139 Kandidaten verteilen. Oder aber nur bei einer Partei ein Kreuz machen, wobei die Stimmen auf alle Kandidaten dieser Partei verteilt werden (http://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=2791&_ffmpar[_id_inhalt]=7725513, http://de.wikipedia.org/wiki/Kommunalwahlrecht_%28Hessen%29). Ungültige Stimmen sind hierbei natürlich vorprogrammiert.
Ein kleinen Eindruck des Musterstimmzettels bekommt man bei diesem Bild aus der Nassauer Presse (Quelle: http://www.fnp.de/sixcms/media.php/rmn01.a.7225.de/thumbnail_220/hir_69D1A.jpg):
Man stelle sich vor, ein Wähler betritt pünktlich um acht Uhr am Sonntagmorgen die Wahlkabine. Bei gründlicher Suche nach den geigneten der 139 Kandidaten macht er vielleicht alle fünf Sekunden ein Kreuz. Für 93 Stimmen braucht er so 465 Sekunden oder knapp acht Minuten für die Stimmabgabe. Vorausgesetzt er verzählt sich nicht zwischendurch und muss noch einmal überprüfen, wie viele Stimmen er bereits abgegeben hat. Trotzdem muss man die Stadt Frankfurt natürlich loben, dafür dass sie bereits vor drei Wochen alle Wähler intensiv per Post mit einem Musterstimmzettel in DIN/A1 informiert hat. So kann man wenigstens zu Hause schon einmal üben.
Noch schlimmer wird das ganze für die Wahlhelfer. Jeder, der bereits einmal einem Auszählprozess beigewohnt hat, weiß, wie lange dies bereits dauert, wenn wie bei einer Bundestagswahl nur Erst- und Zweitstimmen auszuzählen sind. Das Stapelbilden nach Erst- und Zweitstimme gleich/unterschiedlich, eins von beiden ungültig, alles ungültig, zweifelhaft etc. ist schon schlimm genug. Aber wie wird das bei 93 Kreuzen? Immerhin muss zunächst festgestellt werden, ob jeder Stimmzettel gültig ist. Sprich: nachzählen. Wie viele Kreuze sind auf diesem Zettel? 92, 93, 94? Auch wenn viele Wähler vielleicht doch nur ein Kreuz bei der Partei ihrer Wahl machen werden bin ich jedenfalls froh, nicht eine solche Wahl auszählen zu müssen. Ein paar böse Wähler die doch ihre 93 Kreuze machen reichen ja schon aus, um den Auszählprozess ins schier unendliche zu verzögern. Die vier Prozent ungültige Stimmen und drei Auszähltage aus Hamburg waren da wohl noch lächerlich...